Bänder stehen still, Busse fahren nicht, die Innovationskraft lässt nach. Die Konsequenzen des Fachkräftemangels sind vielfältig. Aufgrund des demographischen Wandels und einer schrumpfenden Bevölkerung im Erwerbsalter ist um flinke Hände und kluge Köpfchen ein regelrechter Wettkampf ausgebrochen. Noch vor dem Spannungsfeldern Energie und Inflation sehen sich Unternehmen im Land besonders herausgefordert bei der Suche geeigneter Fach- und Arbeitskräfte. Wissenschaftler gehen davon aus, dass nichts die Wachstumschancen in der Bundesrepublik so stark hemmt wie die schlichtweg endliche Arbeitszeit.
Aus diesem Grund hat der grüne Landtagsabgeordnete Tayfun Tok, wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion, am vergangenen Freitagabend (19. April) in den Besigheimer WeinRaum zum Dialog eingeladen.
Der Einladung zum Gespräch mit Dr. Anja Reinalter, parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Bildung und Forschung der Grünen im Bundestag, folgten Verbandsvertreter und selbstständige Unternehmer aus der Region. Die Professorin für Soziale Arbeit und ehemalige Berufsschullehrerin beschäftigt sich intensiv mit den Themen Aus- und Weiterbildung. „Die duale Berufsausbildung ist eine der nachhaltigsten Investitionen in die Zukunft. Wer heute zielstrebig einen Beruf erlernt, dem stehen alle Türen offen“, so Reinalter. „Wir brauchen Fachkräfte. Und Azubis und Studis sind die Fachkräfte von morgen. Beide Gruppen sind für mich gleich wichtig."
Tok, der bis zu seinem Einzug in den Landtag als Betriebswirt arbeitete, sieht in der Bekämpfung der Fachkräftekrise auch einen Beitrag zum Klimaschutz. „Wir brauchen die Menschen, die das E-Auto der Zukunft entwickeln und die Wärmepumpen installieren.“ Dabei kritisiert der Grünenpolitiker Debatten um die Absenkung der Arbeitszeit oder gar eine Viertagewoche. „Wir müssen vorsichtig sein, uns jetzt nicht weiter in der Produktivität zu beschneiden“, so Tok.
Die Bundesregierung setzt neben einer verstärkten Förderung von Weiterbildungsmöglichkeiten auf die gezielte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Hierbei stehen immer noch viel zu häufig langwierige Verfahren im Weg. Außerdem verlangt die Arbeit verschiedenster Nationen in einem Unternehmen ein gutes Miteinander. „Bei der Willkommenskultur haben wir noch Nachholbedarf. Wir müssen mehr tun, dass Menschen zu uns kommen und gerne mit uns arbeiten. Da kann jede und jeder einen Beitrag leisten“, betont Reinalter. Langfristig wird sich durch den Wegfall geburtenstarker Jahrgänge aus dem Erwerbsleben die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärfen. Ein Unternehmer aus der Region bekräftigt daher: „Wir brauchen fleißige Leute aus dem Ausland. Es macht schließlich keinen Sinn, wenn ich den gesuchten Arbeiter am Ende von dem Unternehmen abwerbe, welches mir dann keine Teile mehr liefern kann.“