Als Abgeordneter darf ich viele spannende Gespräche führen. Besonders inspirierend sind aber oft die Begegnungen mit den Menschen in meinem Wahlkreis – bei uns zu Hause. Daher möchte ich an dieser Stelle jedes Mal eine Persönlichkeit vorstellen, die ich auf eine Tasse Tee oder Kaffee treffen durfte.
„Vom Klimawandel habe ich in acht Jahren Gymnasium nicht einmal gehört.“
Name: Marion
Alter: 22
Familie: in einer Beziehung lebend
Berufung: mit Menschen zu arbeiten
Grüner OV: Necakr-Enz
Ich kann Euch dabei helfen: Als helfende Hand bei Aufbau & Orga oder als Rechtschreib-Prüferin.

Hallo Marion, wir haben eine große Gemeinsamkeit in unserer Biographie.
Auch Du bist die erste Studentin Deiner Familie. Wie läufts an der Uni?
Zurück an der Hochschule zu sein nach unzähligen Online-Semestern und endlich die Kommilitonen wieder zu sehen, genieße ich sehr. Ich habe das Gefühl, die Uni-Welt ist eine etwas andere. Die Gespräche und die ganzheitliche Sichtweise auf Probleme sind faszinierend. Akademiker sind aber auch ganz gut darin, alles noch komplizierter zu machen, um gar nicht mehr zu Lösungen zu kommen. Da muss auch mal jemand auf den Tisch hauen und pragmatisch entscheiden. Das ist dann meine Rolle.
Du hast Dich eingeschrieben, um Lehrerin zu werden. Da wären wir bei einer zweiten Gemeinsamkeit.
Zugegeben ist das nicht das ausgefallenste Studienfach. Ein Professor hatte mir erklärt, warum das vielleicht gerade für uns „Erst-Akademiker“ typisch ist: Lehrkräfte waren in meiner Kindheit die einzigen Personen, die einen akademischen Beruf ausgeübt haben und gleichzeitig waren das Persönlichkeiten, zu denen ich als kleines Mädchen aufblicken konnte. Schon früh habe ich dem nachgeeifert und bei Familienfeiern die Betreuung der Kleineren übernommen. Und nun bin ich eben bei der Sonderpädagogik gelandet.
Als Sonderpädagogin hast Du dank kleinerer Klassen mehr Zeit, um Dich um die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf zu kümmern.
Das ist ehrlich gesagt eine Illusion. In der Klasse, in der ich derzeit in der Einzelförderung aushelfe, lernen 15 Kinder. Vorgesehen waren einmal acht. Aufgrund des Lehrermangels platzen die Förderschulklassen aus allen Nähten. Den komplexen Förderbedürfnissen wird man da leider nicht immer gerecht. Obwohl gerade das die Aufgabe meiner Profession ist. Vom sonderpädagogischen Blick – dem Sehen der Bedürfnisse und Möglichkeiten des Einzelnen – würden alle Schülerinnen und Schüler profitieren. Daher bräuchten wir viel mehr Sonderpädagogik. Insbesondere auch in den Regelschulen, um individuelle Förderung und inklusive Projekte möglich zu machen. Jede engagierte Lehrkraft hätte es verdient, genug Zeit für das einzelne Kind zu haben.
Wie müsste die Arbeit in der Schule sein, in der Du einmal arbeiten möchtest?
Ich denke, dass die größte Stärke einer Schule ein kooperierendes Kollegium ist. Viel zu oft wird das Lehramt immer noch als Einzelkämpfertum verstanden. Treu nach dem Motto: Meine Klasse, mein Zimmer, meine Tür – und die ist zu. Dabei sollten sich gerade Lehrkräfte als Team begreifen, um nicht ständig das Rad neu erfinden zu müssen. Als junge Kollegin möchte ich mich nicht an das schon immer Dagewesene anpassen. Ich möchte ausprobieren und geregelte Arbeitszeiten. So wäre der Job auch attraktiver.
Mit deinen 22 Jahren bist Du unsere jüngste OV-Vorsitzende im Wahlkreis. Was hat Dich veranlasst, politisch aktiv zu werden?
Es gab einen Moment, als ich bemerkte, dass Klimaschutz ein wichtiges Thema ist. Das klingt banal. Jedoch habe ich in den acht Jahren auf dem allgemeinbildenden Gymnasium nicht einmal von dieser Katastrophe gehört. Ich hatte dank guter Noten das Glück, eine Schülerakademie besuchen zu dürfen. Das ist ein Sommerschule zur Begabtenförderung. Eigentlich habe ich damals einen Kurs ausgewählt, bei dem es um Wirtschaft ging – da kannte ich mich aus. Als wir über das Klima sprachen, war das eine „Aha“-Erlebnis. Dieses Jahr werde ich bei der Schülerakademie selbst einen Kurs halten, bei dem wir über die politischen Konsequenzen des Klimawandels diskutieren. Damit noch mehr junge Menschen die Zusammenhänge verstehen können.
Bitte beantworte die folgenden Fragen mit jeweils einem Wort:
Bei „Politik“ denke ich an: Klimakrise
Zuversichtlich stimmt mich: Dass sich immer wieder Menschen hinter gemeinsamen Idealen versammeln.
Der schönste Flecken ist: Auf dem Besigheimer Niedernberg
Dein Lieblingswort auf Schwäbisch: Schätzle
Deine persönliche Weinempfehlung: Riesling Hessigheimer Katzenöhrlen, Weingut Siggi
Vergangene Ausgaben
Ausgabe 4 - Tayfun trifft Marion (April 2022)
Ausgabe 3 - Tayfun trifft Marcel (Februar 2022)
Ausgabe 2 - Tayfun trifft Susanne (November 2021)
Ausgabe 1 - Tayfun trifft Uwe (Oktober 2021)