Als Abgeordneter darf ich viele spannende Gespräche führen. Besonders inspirierend sind aber oft die Begegnungen mit den Menschen in meinem Wahlkreis – bei uns zu Hause. Daher möchte ich an dieser Stelle jedes Mal eine Persönlichkeit vorstellen, die ich auf eine Tasse Tee oder Kaffee treffen durfte.
„Das Ellenbogen-Denken ist eben von gestern.“
Name: Kewin Ohlandt
Alter: 44 Jahre
Familie: verheiratet, 2 Kinder
Berufung: gelernter Buchhändler, Großkundenbetreuer bei einem Spiele-Verlag
Grüner OV: Marbach
Ich kann Euch dabei helfen: Spielend Menschen zusammenbringen

Hallo Kewin, Du arbeitest bei einem Stuttgarter Spiele-Verlag. Du weißt also genau, was in den deutschen Kinderzimmern steckt?
Nicht nur in den Kinderzimmern. Natürlich wissen wir, dass auch viele Erwachsene gerne spielen. Diese wollen oft weg kommen vom Bildschirm und etwas gemeinsam Freunden oder der Familie erleben. Traditionell ist der deutsche Spiele-Markt einer der Bedeutendsten weltweit. Selbst in angespannten Krisen wie während Corona: Gespielt wird immer und dafür auch ordentlich Geld in die Hand genommen.
Welche Spiele stehen denn aktuell hoch im Kurs?
Ganz klar geht der Trend hin zu kooperativen Spielen. Es gibt zwar auch noch die Klassiker, in denen man gegeneinander spielen oder den anderen gar ausschalten muss. Spiele, in denen man als Team clever agieren muss, um z.B. Rätsel zu lösen, erfreuen sich aber immer größerer Beliebtheit. In solchen Szenarien muss man sich gegenüberstehen und sich ernsthaft mit dem anderen auseinandersetzen. Das tut gut. Vielleicht kann man am Spieleverhalten auch ein paar gesellschaftliche Bedürfnisse ablesen: Das Ellenbogen-Denken ist eben von gestern.
Mir ist neu, dass man Brettspiele so gesellschaftspolitisch sehen kann.
Das tut vielleicht auch nicht jeder. Auch die Spielebranche hat eine große Verantwortung, und Themen wie Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Produktionsbedingungen in den Produktionsländern stehen glücklicherweise mittlerweile mehr im Fokus. Es gibt aber immer noch ein gewisses Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Erfolg und Nachhaltigkeit. Unsere sehr erfolgreichen EXIT-Spiele z.B. sind nur einmal spielbar, da das Material teilweise beschriftet oder zerschnitten wird. Zumindest nutzen wir für diese Spiele ausschließlich FSC-zertifiziertes Papier. Viele andere Trend-Artikel für Kinder am Spielwarenmarkt verursachen dagegen weiterhin große Mengen an Verpackungsmüll aus Kunststoff. Für mich ist es einer der zentralen Punkte, dass Unternehmen ethisch vertretbar handeln. Umso erfreulicher finde ich es, dass in der Branche und auch bei meinem Arbeitgeber gerade viele vielversprechende Pilotprojekte mit recycelten Kunststoffen und anderen Ausgangsstoffen laufen.
Und was hat Dich bewegt, politisch aktiv bei den Grünen zu werden?
Mein Interesse an politischen Zusammenhängen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Gerade die drängenden Fragen einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik haben mich sehr beschäftigt. Das war auch einer der Gründe, weshalb ich vor einigen Jahren noch einen BWL-Bachelorstudiengang mit einem Schwerpunkt auf Wirtschaftsethik an der Fernuni Hagen absolviert habe. Ich habe schon länger grün gewählt und bin in die Partei eingetreten, als die gesellschaftliche Stimmung im Zuge der Flüchtlingskrise zu kippen drohte. Da dachte ich mir: nun musst du Farbe bekennen.
Nun steht die Befürchtung im Raum, die Energiekrise könnte nochmals so eine Zerreißprobe für die Gesellschaft werden.
Das macht mir auch große Sorgen. Der bösartige Umgangston vor allem im Netz ist schädlich. Einmal habe ich bei Facebook einen Kommentar zu einem Flüchtlingsthema abgesetzt und wurde harsch angegangen. Wie muss es dann erst den politischen Entscheidungsträgern gehen? Da reicht ein Funke und es kommt zu Gewalt. Und genug Zündler vom rechten Rand stehen parat. Das darf uns aber nicht einschüchtern. Leider ist der Zusammenhang zwischen dem Kreuzchen am Wahltag und dem, was dann politisch passiert nicht immer mittelbar verständlich. Die Komplexität und Trägheit der Prozesse desillusioniert schon mal. Doch dürfen wir nicht aufhören immer wieder zu erklären und auf die Menschen zuzugehen.
Bitte beantworte die folgenden Fragen mit jeweils einem Wort:
Bei „Politik“ denke ich an: konstruktiver Streit um das bestmögliche Ergebnis
Zuversichtlich stimmt mich: politisches Engagement vieler junger Menschen
Der schönste Flecken ist: die Terrasse hinter dem Schillernationalmuseum
Dein Lieblingswort auf Schwäbisch: Grasdaggel
Deine persönliche WhiskeyWeinempfehlung: Schiller-Whiskey, Brennerei Bühler Marbach
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Ausgabe 7 - Tayfun trifft Kewin (Dezember 2022)
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Ausgabe 1 - Tayfun trifft Uwe (Oktober 2021)