Auf Einladung der drei grünen Kandidierenden Silke Gericke, Dr. Markus Rösler und Tayfun Tok war Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu Gast bei einem "digitalen Gespräch". Eingeladen waren auch drei im Ehrenamt tätige Gäste: Silke Rapp als Vorständin beim Ludwigsburger Verein "Tragwerk" mit dem Schwerpunkt Inklusion, Marcus Arzt aus Ditzingen, Landesvorsitzender von Bioland Baden-Württemberg sowie Prof. Dr. Armin Hüttermann vom Marbacher Tobias-Mayer-Verein.
"Visionen für die Landwirte" forderte Marcus Arzt für seinen Berufsstand. Sie seien oft enttäuscht aufgrund zu vieler Regulierungen und niedriger Lebensmittelpreise. Die vielen bei Bioland ehrenamtlich tätigen Gruppen- und Fachsprecher engagierten sich nicht nur für professionelle Vermarktung, sondern auch für einen offenen, fairen Austausch mit der Bevölkerung, mit Naturschutz Gewässerschutz und Verbraucherschutz.
Arzt, Kretschmann und Rösler betonten gemeinsam die Bedeutung eines "Gesellschaftsvertrages" zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Handel und Verbrauchern, den sie in der nächsten Legislatur gemeinsam angehen wollen. Der Ministerpräsident setzt die Bedeutung dieses Gesellschaftsvertrages so hoch an wie die bisherigen zwei Strategiedialoge zur Automobilwirtschaft und zur Gesundheitswirtschaft. Alle Beteiligten müssten bereit sein, aufeinander zuzugehen. Heute gäben die Menschen nur noch 10 bis 12 Prozent ihres Geldes für Lebensmittel aus, das sei zu wenig. Rösler kommentierte dies deutlich: "Meinen drei Kindern erkläre ich immer: Bei billigen Lebensmitteln wird irgendjemand beschissen".
Prof. Dr. Armin Hüttermann sprach über den Wissenschaftler Tobias Mayer, der 1723 in Marbach geboren wurde. Der Mathematiker, Physiker und Astronom, der nach dem Tod seiner Eltern im Waisenhaus aufwuchs und nie eine Universität besucht hatte, wurde selbst schon mit 28 Professor an der Universität Göttingen. Er stellte immer in Frage, was "normal" sei. Im Tobias-Mayer-Museum werde mittels interaktiver Angebote Mathematik haptisch erfahrbar und somit für Kinder und Jugendliche auf eine besondere Art und Weise zugänglich gemacht. In seiner Arbeit an der pädagogischen Hochschule stellt Hüttermann Tobias Mayer als glänzendes Beispiel für Exzellenz trotz schwierigster Familienverhältnissen vor.
Tayfun Tok bewertete die Bedeutung von Tobias Mayer für die heutige Gesellschaft: "Gerade in der Corona-Pandemie hat sich nochmal gezeigt, wie wichtig es ist, die Meinung der Wissenschaft ernst zu nehmen. Es ist wichtig, mit Fakten und nicht mit Fake-News zu argumentieren. Aber auch bei der Menschheitsaufgabe Nummer Eins, der Bekämpfung der Klimakrise, müssen wir auf Basis von Fakten argumentieren. Daher bin ich froh, dass der Marbacher Professor Hüttermann da ist, der ehrenamtlich für das kleine aber feine Museum zum Andenken an Tobias Mayer und gute naturwissenschaftliche Forschung tätig ist.“
Silke Rapp berichtete von der Arbeit des Vereins Tragwerk, die ohne ehrenamtliches Engagement nicht möglich wäre. In inklusiven Cafés arbeiten dort Jugendliche, Schüler*innen und Menschen, die Sozialstunden ableisten. Das barrierefreie Café L’ink sei ein Ort der Begegnung, das auch Menschen mit Handycap eine Perspektive biete. Generell strebe der Verein an, Teilhabe und Vielfalt für alle zu ermöglichen. Mittlerweile sei man in ein großes Netzwerk mit über 35 Organisationen aus Stadt und Land eingebunden und könne so eine Vielzahl an Aktionen umsetzen.
Silke Gericke, Stadträtin in Ludwigsburg und Landtagskandidatin des Wahlkreises Ludwigsburg betont: „Das Ehrenamt in Baden-Württemberg lebt. Es lebt auch während Krisenzeiten und zeigt auf, dass Menschen mit Herzblut und Handeln in Ihrem Bereich zum großen Ganzen, zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beitragen. Gerade Tragwerk e.V. Ludwigsburg ist ganz aktiv: Die ehrenamtlichen Organisator*innen des Vereins Tragwerk e.V. lassen sich von der Pandemie nicht abschrecken, sondern tragen ihre Idee der Chancengleichheit für alle weiter in die Gesellschaft hinein - auch während dieser harten Zeiten der Kontaktbeschränkung und Reduktion persönlicher Treffen. Sie planen zum Beispiel Die Lange Nacht der Inklusion 2021 in Ludwigsburg, die wie im vergangenen Jahr auch, wieder im virtuellen Raum kulturelle Angebote und Austauschformate bietet.“
Ministerpräsident Kretschmann zeigte sich abschließend beeindruckt von der Vielfalt ehrenamtlichen Engagements, die in dem Austausch zur Sprache kam. Enorm viele Bereiche würden ohne Ehrenamt gar nicht funktionieren, das habe ihm die Arbeit als Ministerpräsident in den letzten 10 Jahren vor Augen geführt. „Ehrenamt ist Teil einer lebendigen Demokratie“, so Kretschmann.
Kretschmann zeigte sich beeindruckt von dem Lebenswerk von Tobias Mayer und sagte zu, die Initiative zu unterstützen, Tobias Mayer anlässlich seines 300. Geburtstags 2023 auf einer Briefmarke zu verewigen. Das sei erfahrungsgemäß sehr schwierig umzusetzen, aber er wolle es versuchen, meinte der Ministerpräsident.
Die Grünen setzen sich in ihrem Wahlprogramm ausdrücklich für die Förderung des Ehrenamtes ein. "Fast die Hälfte aller Menschen im Ländle engagieren sich freiwillig" sind Gericke, Rösler und Tayfun begeistert. "Wir wollen in der nächsten Legislatur eine Ehrenamtsoffensive starten, die für gute Rahmenbedingungen sorgt, stärkere Vernetzung fördert, hauptamtliche Unterstützung besser möglich macht. Und wir wollen die Anerkennung des Ehrenamtes durch eine Ehrenamtskarte einführen", so die drei grünen Kandidierenden