Auf Einladung des Landtagsabgeordneten Tayfun Tok besuchte der Ulmer Landtagsabgeordnete Michael Joukov (beide GRÜNE), am Donnerstag (9. Dezember) das Pädagogisch-Kulturelle Centrum Ehemalige Synagoge Freudental (PKC) und im Anschluss den jüdischen Friedhof. Joukov ist der erste Abgeordnete mit jüdischen Wurzeln im Landtag seit der Gründung des Landes Baden-Württemberg. Ausgetauscht wurde sich mit der Leiterin der Geschäftsstelle, Isolde Kufner und dem Leiter für Pädagogik und Kultur, Michael Volz.
Die Gemeinde Freudental hat eine lange jüdische Tradition. „Mir ist es auch ganz speziell als Muslim ein wichtiges Zeichen, Antisemitismus über Religionsgrenzen hinweg zu bekämpfen. Sich stark machen für jüdisches Leben ist für mich als Muslim kein Widerspruch. Und diesen Widerspruch darf es auch nicht geben“, so Tok zur Begrüßung.
„Heute ist es selbstverständlich, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte aktiv in Politik und Gesellschaft einbringen“, erklärte Joukov. Er selbst sei nicht gläubig, engagiert sich aber ehrenamtlich beim Förderverein der Ulmer Synagoge: „Ich bin in erster Linie Verkehrspolitiker, stehe aber stolz zu meinen Wurzeln.“
Die Leitung des PKC stellte in den neuen Räumlichkeiten in der Strombergstraße die Arbeit des PKC vor. „Das PKC ist ein Ort der Begegnung und des Lernens“, so Kufner. Wichtig sei ihnen ein großes kulturelles und wissenschaftliches Angebot sowie spezielle Programme für junge Menschen. Für den pädagogischen Leiter Volz steht im Mittelpunkt, die historische jüdische Tradition Freudentals erlebbar zu machen. „Wir werben für Demokratie und Toleranz“, stellte Volz seinen Aufgabenbereich dar.
In der Wahrnehmung vieler Jüdinnen und Juden in Deutschland nimmt neben dem rechtspopulistischen auch ein religiös motivierter Antisemitismus zu. Für Tok war der Termin daher auch besonders: „Judenhass hat bei uns im Land keinen Platz – egal wo er herkommt. Daher möchte ich Brücken bauen und dieses Thema ganz bewusst angehen.“
Beim anschließenden Besuch des jüdischen Friedhofs erzählte Volz die Geschichten von „Wunderrabbi“ Schnaittacher und Julius Marx. „Für mich ist der Friedhof Erbe und Aufgabe zugleich. Die Grabsteine sind die ältesten sichtbaren Zeugnisse deutsch-jüdischer Kultur in Freudental und Umgebung“, so Tok.
Die Gemeinde Freudental hat eine lange jüdische Tradition. Hier wurden Anfang des 18. Jahrhunderts Jüdinnen und Juden aufgenommen. 1862 war fast die Hälfte der Ortsbewohner jüdisch. Ab dem 19. Jahrhundert begann eine starke Abwanderung in die USA und in nahegelegene Städte. 1933 wohnten noch 50 jüdische Bürger in der Gemeinde Freudental. Von ihnen kamen mindestens 19 Personen durch Deportation in Vernichtungslager ums Leben. Neben Synagoge und Friedhof gibt es noch weitere historische Orte wie die Mikwe und das sogenannte Judenschlössle.