„Klimaneutral in die Zukunft – Chance für Wirtschaft und Wohlstand.“ Unter diesem Titel lud der grüne Landtagsabgeordnete Tayfun Tok am vergangenen Mittwoch (23. November) zum Podiumsgespräch nach Bietigheim ein. Neben Finanzminister Dr. Danyal Bayaz, der als grüner Vordenker in Sachen Wirtschaftspolitik gilt, nahm der CEO der Dürr Gruppe aus Bietigheim-Bissingen, Dr. Jochen Weyrauch teil. Der Anlagenbauer Dürr ist einer der größten Arbeitgeber in der großen Kreisstadt.
Tok ist gleichzeitig wirtschaftspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion. Für ihn war dieser Abend daher mit besonders viel Herzblut verbunden. „Es ist zentral, dass wir Bündnisse schmieden und die Klima-Herausforderungen gemeinsam angehen. In einem Industrieland wie Baden-Württemberg geht das nur in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft“, so Tok. Finanzminister Bayaz betont, dass Politik nicht nur die Lage analysieren, sondern auch nach vorne blicken solle.
„Wir müssen Gründe schaffen, zuversichtlich zu sein.“ - Dr. Danyal Bayaz
Weyrauchs Unternehmen Dürr – ein Anlagenbauer im Bereich Lackiertechnik – gründete bereits in den 1960er Jahren eine Abteilung zur Steigerung der Energieeffizienz. Dennoch bleibt ein mäßiges Fazit: „Bis heute verkaufen wir die günstigeren Anlagen anstatt die effizientesten.“ Selbst wenn sich eine Technik durch Material- oder Energieeinsparungen bereits binnen zwei Jahren amortisiert, herrscht im Einkauf der großen Unternehmen oftmals Zurückhaltung. So kommt es auch, dass die erste klimaneutrale Anlage in Nahost und nicht im Südwesten aufgestellt wird.
Zur Transformation gehört auch der Staat als starker Player. Bayaz mahnt, das Land solle vorangehen. Bis 2040 wolle man die Landesverwaltung komplett klimaneutral aufgestellt und alle landeseigenen Gebäude zu Sonnenkraftwerken gemacht haben. Mittlerweile ist klar, dass die Energiewende einen Standortfaktor darstellt. „Für einen Autobauer ist günstige und sichere Energie das A und O“, betont Weyrauch.
„Wirtschaftspolitik ist auch Sicherheitspolitik.“ - Tayfun Tok
Einen unerwarteten Appel formulierte Weyrauch an die gesamte Gesellschaft: „Wir müssen wieder lernen, achtsam mit der Infrastruktur umzugehen.“ Kaputte Straßen, schleppende Digitalisierung und unzuverlässige Bahnfahrten sind ein ungeahntes Wirtschaftsrisiko. Den Menschen solle es einfach gemacht werden, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Basis bildet die Infrastruktur. Sie ist nicht selbstverständlich, sondern muss gepflegt und modernisiert werden. Bayaz, der selbstkritisch auftritt, fordert einen kulturellen Wandel in Verwaltungs- und Genehmigungsfragen: „Vom Bürger und nicht vom Recht her denken“ solle das neue Kredo sein.
Für Tok steckt eine zentrale Herausforderung in der Akquise von Fachkräften. Er betont, wie wichtig es sei, jungen Menschen die vielen Perspektiven in Handwerk und Industrie aufzuzeigen und diese für eine sinnvolle und gefragte Tätigkeit zu begeistern. Bayaz und Weyrauch unterstreichen diesen Aspekt, merken aber auch an, dass der Wirtschaftsstandort mit seinem Fachkräftebedarf eine professionelle und geregelte Zuwanderung bedarf.
Aus dem Publikum kamen zum Ende des Abends noch einige kritische Fragen. Die Lösungen vieler Probleme scheinen dabei hoch komplex und nur langfristig zu lösen. Umso wichtiger ist der Dialog. „Als Gesellschaft sitzen wir in einem Boot. Lösungen finden sich nur gemeinsam mit Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik“, schließt Tok. Für die wertvollen Impulse aus der Abendveranstaltungen bedankt sich der Landtagsabgeordnete.
Presseschau
Wie das Land wirtschaftlich und ökologisch stark wird - Bietigheimer Zeitung vom 24. November
Finanzminister Danyal Bayaz im Gespräch mit Tayfun Tok und Jochen Weyrauch - Ludwigsburger Kreiszeitung vom 24. November