Tayfun Tok (GRÜNE), wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg, war gemeinsam mit Staatssekretär Dr. Andre Baumann in dessen Wahlkreis zu Besuch. Gemeinsam informierten sie sich beim Besuch des Startup DellCon über Entsorgung und Recycling von Lithium-Ionen-Batterien.
Der Wandel der Automobilindustrie von Verbrennern zu batteriebetriebenen Autos ist in Zeiten der Klimakrise ein wichtiges Thema. Doch was passiert mit den gebrauchten Batterien, wenn sie für ein E-Auto nicht mehr nutzbar sind? Diese Frage stellte sich Markus Dellori schon vor einigen Jahren und gründete zusammen mit seiner Frau Nicole Jung-Dellori die Firma DellCon. Auf Einladung des Ehepaares besuchten Dr. Andre Baumann und Tayfun Tok vergangenen Freitag (21. Januar) den Produktionsstandort in Reilingen.
Die Firma mit Verwaltungssitz in Hockenheim befasst sich mit dem Transport von gebrauchten sowie kritisch-defekten Lithium-Ionen-Batterien und einer möglichen Weiterverwertung in das sogenannte „Second Life“. „Es war ein großer Aufwand, bis die Firma das alles tun konnte: Viele Fortbildungen und Zertifizierungen, Qualitätsmanagement und Brandschutzkonzepte waren neben den Finanzfragen notwendig“, berichtete Jung-Dellori von den Anfängen in der Gründung. Doch die Mühe habe sich gelohnt. Das Startup DellCon habe ein Alleinstellungsmerkmal: Kein anderes Unternehmen habe in seinem Dienstleistungsportfolio sowohl den ADR-konformen Transport inklusive Verpackungsservice als auch die Demontage (Dismantling) zur Vorbereitung für das Recycling. Hinzu kommt die Befundung der Module als Grundlage für das Second-Life von Lithium-Ionen-Batterien aus der E-Mobilität. „Ich bin sehr stolz, dass es in meinem Wahlkreis ein solch innovatives Unternehmen gibt“, freute sich Baumann.
Tok interessierte sich dafür, wie die beiden Geschäftsführenden dazu gekommen sind, ein eigenes Unternehmen in dieser Sparte zu gründen. Dellori führte seine Antwort auf die Ausgangslage der Elektromobilität zurück: „Ich habe mir die Frage gestellt, was machen wir eigentlich mit den ganzen Batterien, wenn sie in den Autos nicht mehr benutzt werden können?“ Die Rechercheergebnisse führten zu dem Schluss: „Es werden Probleme auf uns zukommen.“
Elektroautos haben eine höhere Lebensspanne, als die darin enthaltenen Batterien. Diese müssen nach einer bestimmten Zeit ausgetauscht werden, da sie nicht mehr die benötigte Leistung bringen. Die Batterien sind oftmals jedoch noch nicht am Ende ihres Lebens, sondern können noch jahrelang andere Aufgaben übernehmen.
Im Gegensatz zu normalen Autoersatzteilen, handelt es sich bei Batterien allerdings um Abfall mit Gefahrenpotential. „Der Umgang mit diesen Hochvoltsystemen erfordert eine eigene Qualifizierung. Wir kommen zum Einsatz, wenn die Batterie ausgebaut ist“, erklärte Dellori. Seine Frau ergänzte: „Die gebrauchten Batterien müssen zu einem dafür ausgelegten Entsorgungsbetrieb gebracht werden. Bei den etablierten deutschen Recyclingunternehmen ist die vorhandene Kapazität nicht groß genug, um die zu erwartenden Mengen aufzunehmen.“ Ähnlich sehe es auch in deutschen Nachbarländern aus. „Wir bauen die Systeme auseinander – auf Modulebene, wenn von den Kunden gewünscht auch auf Zellebene. Das spart auch für den anschließenden Entsorgungsweg inklusive Transport durch die Gewichtsreduktion von bis zu 30 Prozent Kosten ein. Das ist ökonomisch und ebenfalls besser fürs Klima“, führte Jung-Dellori aus. Darüber hinaus „fällt bei der Demontage einer Batterie ganz wenig Abfall an“, so Dellori.
Die Arbeitsfelder bei DellCon sind neben dem Transport und der Demontage der Batterien auch die Befundung. Dies ist ein wichtiger Schritt, um zur Entscheidung zu kommen, ob ein Modul in die Recyclinganlage verbracht werden muss oder ob es sich noch für das Second-Life eignet. „Neue Batterien entstehen dann durch andere Firmen, unsere Partner“, erklärte Jung-Dellori den Prozess. Auch die Verpackung und die Gefährdungsbeurteilung übernimmt DellCon. Markus Dellori ist sich sicher: „Batterien werden immer sicherer“.
Bei den gebrauchten Batterien, die bei DellCon bearbeitet werden, ist ein Teil wiederverwendbar, während ein anderer Teil sich nicht mehr für die Wiederverwendung eignet. Oftmals ist bei den gebrauchten Batterien jedoch nur die Kapazität geringer geworden. „Diese Batterien können dann zwar nicht mehr in einem Auto verwendet werden, dafür jedoch beispielsweise für Energiespeicher genutzt werden“, erklärte Dellori. Weitere Verwendungsarten im Second Life sind beispielsweise stationäre Anlagen in Produktionsfirmen, Bushaltestellen, Heimspeicher oder Windkraft-Zwischenspeicher. „Man kann sich nicht vorstellen, an wie vielen Stellen solche Batterien tatsächlich gebraucht werden“, stellte Jung-Dellori fest.
Die abmontierten Bestandteile wie Aluminium, Kupfer und Eisen oder auch Sicherungen und Schalter, können als Rohstoffe ebenfalls weiterverwendet werden. Dadurch kann die Wertschöpfungskette optimiert werden. „Der Umgang mit begrenzten und insbesondere kritischen Rohstoffen ist prioritär für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und auch für den Umweltschutz. Darum setzt die Landesregierung eine Rohstoffeffizienzstrategie um“, sagte Dr. Andre Baumann, der als Staatssekretär diese mit vorantreibt. „Dadurch können wir uns von anderen Ländern, auch von autoritären Staaten, in der Rohstoffbeschaffung unabhängiger machen“, ergänzte Tok.
„Dass die Akkus weiter genutzt oder in den Kreislauf zurückgeführt werden, ist absolut im Sinne der Ressourceneffizienzstrategie und des Urban Minings,“ stellte Baumann fest, „wir brauchen in Zukunft an vielen Stellen Energiespeicher, um erneuerbare Energien zwischenzuspeichern, für eine bessere Netzstabilität oder als Quartiersspeicher“, erläuterte Baumann die Einsatzmöglichkeiten von gebrauchten Akkus.
Tok berichtete von mehreren Projekten und Kampagnen des Wirtschaftsministeriums wie StartupBW zur Förderung und Vernetzung von Startups und deren Unterstützern. „Informieren Sie sich gerne mal beim Wirtschaftsministerium. Wir haben einige unterstützende Angebote für Startup-Unternehmen. Auch beim Strategiedialog Automobilwirtschaft des Staatsministeriums mache ich mich dafür stark, dass insbesondere junge Unternehmen miteinbezogen werden. So wird beispielsweise gerade ein Netzwerk über eine Internetplattform aufgebaut, eine Art Wikipedia unter anderem für die Akkuindustrie. Damit ein Markt entsteht, denn sonst bleiben die Pioniere ohne Infos auf der Strecke“, so Tok.
Das mittelständische Unternehmen beschäftigt 18 Mitarbeitende. Auf die Frage nach der Personalgewinnung stellte Dellori fest: „Bisher ist viel über persönliche Kontakte zustande gekommen und wir konnten alle Stellen besetzen. Der Fachkräftemangel ist aber auch bei uns zu spüren.“ Weil im Umgang mit Hochvoltsystemen eine eigene Qualifizierung erforderlich ist, werden Personen mit elektrotechnischer Ausbildung oder im Bereich Gefahrgut gesucht. Jung-Dellori ergänzte: „Besonders Fortbildungen sind immer berufsspezifisch und darum passen die nicht zu unseren Bedürfnissen oder wir können nicht daran teilnehmen, weil die Zielgruppe eine andere ist. Da es kein anderes Unternehmen in Deutschland wie uns gibt, müssen Fortbildungen also von uns selbst organisiert werden.“ Eine große Chance bei der Fachkräftegewinnung sehen die beiden Geschäftsführenden auch in der Zuwanderung. „Es freut mich zu hören, dass Sie gerne einen Beitrag zur Integration leisten wollen, indem Sie Geflüchtete, die in ihrem Heimatland beispielsweise eine Elektroausbildung gemacht haben, eine Chance bei Ihnen geben“, freute sich Tok.
Mit Blick in die Zukunft erzählte Markus Dellori, dass statt rund 600 Systeme, die in den letzten beiden Jahren bei DellCon jährlich bearbeitet wurden, nun auf 350 Systeme monatlich erhöht werden sollen. „Wir wollen langsam weiter wachsen“, ergänzte Jung-Dellori. „Ich wurde schon oft angesprochen, was mit Batterien nach der Verwendung in einem Auto passiert. Nun kann ich eine konkrete Adresse nennen. Sie bei DellCon sind eine Lösung für emissionsfreie Automobilität“, stellte Tok am Ende des Besuchs fest. „Wir brennen für das Thema und stecken da unsere Leidenschaft rein“, freuen sich Nicole Jung-Dellori und ihr Mann Markus Dellori über das Kompliment. Baumann ergänzte, „Ich finde es toll und auch sehr wichtig, dass es Unternehmen wie Ihres gibt, die an unsere Zukunft denken und neben der Wiederverwendung von Lithium-Ionen-Batterien auch Wertstoffe wieder verfügbar machen.“